Den Auftakt der heutigen Sitzung bildete die Begründung einer Interpellation durch Zeno Schärer. Die Stadt darf aufgrund von Gesetzesänderungen im Strassen- und Sozialbereich mit Mehreinnahmen vom Kanton in Millionenhöhe rechnen. Aus Sicht der SVP sollte zumindest ein Teil dieser Mehreinnahmen in Form von Steuersenkungen an die Steuerzahler zurückfliessen. Damit könnte die lokale Kaufkraft gestärkt und Wetzikon für gute Steuerzahler attraktiver gemacht werden. In den nächsten Monaten wird sich zeigen, ob der Stadtrat sich unserer Argumentation anschliesst.

Danach stand bereits der nächste Vorstoss aus den SVP-Reihen auf der Traktandenliste: Timotheus Bruderer begründete sein Postulat betreffend Klassenassistenzen. Das Postulat war beinahe von der Hälfte der Parlamentarier unterzeichnet worden und fand auch in den regionalen Medien (Zürcher Oberländer) ein breites Echo. Timotheus Bruderer führte aus, die Klassenassistenzen leisteten zwar wertvolle Arbeit, doch könnten die Probleme in den Schulen nicht einzig durch den Einsatz von immer mehr finanziellen Mitteln gelöst werden. Es brauche nun eine Auslegeordnung und alternative Lösungsansätze, um unter anderem die Eigenverantwortung der Eltern zu stärken. Man darf gespannt sein, welche Massnahmen der Stadtrat im Zuge der Beantwortung des Vorstosses vorschlagen wird.

Nach einer Ersatzwahl für die Fachkommission II folgte das gewichtigste Geschäft des Tages, welche das Parlament bis um Mitternacht beschäftigen sollte: die Totalrevision der Gemeindeordnung.

Zu Beginn wurden diverse Anträge der linken Parteien auf Aufnahme einer Präambel in die Gemeindeordnung diskutiert. Nebst Timotheus Bruderer monierten auch andere bürgerliche Votanten¬, mit einer solchen Präambel werde bloss bezweckt, das eigene Parteiprogramm in die Gemeindeordnung zu schreiben. Das sei unpassend, da die GO ansonsten keine Bestimmungen inhaltlicher Natur enthalte. Die Ratsmehrheit schloss sich dieser Argumentation an und lehnte alle entsprechenden Anträge ab.

Betreffend die Wahl des Schulpräsidenten (Art. 6) setzte sich der Antrag der RPK durch. Ebenso verhielt es sich bei Art. 9 Ziff. 8 (Grundstückgeschäfte über 5 Millionen Franken weiterhin an die Urne) sowie bei Art. 11 (Verdeutlichung des Petitionsrechts).

Zu langen Diskussionen Anlass gab die Einführung eines Jugendvorstosses (Art. 12), nicht zuletzt was das Abstimmungsprozedere aufgrund der vielen Anträge betraf.
Rolf Müri betonte, es sei völlig richtig, die Jugend in die Politik mit einzubeziehen. Allerdings könne es nicht angehen, Sonderrechte für einzelne Bevölkerungsgruppen schaffen und diesen zu ermöglichen, direkt Postulate einzureichen, was dem normalen Wähler nicht erlaubt ist. Man könne heute schon mittels Petitionen und über amtierende Parlamentarier Einfluss nehmen. Die Einführung des Jugendvorstosses könne zudem den unerwünschten Effekt haben, dass Jugendliche durch Erwachsene instrumentalisiert werden, um auf einfache Weise politisch Einfluss nehmen zu können. Schliesslich seien die Jugendlichen dann enttäuscht, wenn ihre Anliegen von der Politik nicht wie erhofft aufgenommen werden.
Timotheus Bruderer doppelte nach. Er bekannte sich dazu, den Jugendlichen die Gemeindepolitik schmackhaft zu machen. Dennoch lehnte er den Jugendvorstoss ab, nicht wegen des Ziels, sondern wegen der zur Zielerreichung gewählten Mittel. Indem Rechte ohne korrespondierende Pflichten eingeführt würden, vermittle man den Jugendlichen ein verzerrtes Bild über politische Abläufe. Der Stimmbürgerschaft, welche ihre Pflichten getreulich wahrnehme, werde ein solches Vorrecht hingegen vorenthalten. Nicht nur Jugendliche, sondern breite Bevölkerungskreise müssten zur Milizarbeit ermuntert werden. Es sei ein gefährlicher Ansatz, das Jugendparlament mit dem Gemeindeparlament zu verflechten. Timotheus Bruderer zog den Vergleich mit der Armee: In dieser hätten sowohl Platzpatronen als auch scharfe Munition ihren Platz, doch würden sie nicht gleichzeitig eingesetzt.
Auch unser Fraktionspräsident Philipp Zopp äusserte sich zum Jugendvorstoss, nicht zuletzt aus seiner Perspektive als Sekundarschullehrer. Er hielt fest, die Befürworter hätten allzu romantische Vorstellungen, wie die Beteiligung Jugendlicher an der Politik funktioniere. Die Nachwuchsförderung sei Aufgabe der Parteien und nicht der Stadt Wetzikon. Nach Einführung des Jugendvorstosses könne ein nicht ortsansässiger Lehrer durch Vermittlung seiner Schulklasse ein Postulat einreichen. Einem lokalen Turnverein sei das hingegen nicht erlaubt. Das gehe nicht an.
Wie leider nicht anders zu erwarten war, provozierten diese klaren Aussagen wütende und unsachliche Angriffe seitens der Linken.
Im Ergebnis obsiegte bedauerlicherweise der Antrag der RPK, der den Jugendvorstoss nicht einmal mehr an das Schweizer Bürgerrecht koppelt. Künftig können also zwanzig zwölfjährige Kinder ohne Schweizer Staatsbürgerschaft ohne Weiteres ein Postulat einreichen.

Gegen den Willen der Mehrheit der SVP-Fraktion obsiegte der Antrag der FK II, die Mitglieder der Sozialkommission seien nicht durch das Parlament zu wählen (Art. 14).

Betreffend die Befugnis zur Schaffung neuer Stellen in der Verwaltung (Art. 17 Ziff. 14) schwang der Antrag der RPK obenaus.

Was die Augabenbewilligungskompetenzen des Parlaments (Art. 18) anbetrifft, obsiegte nicht der von der SVP-Fraktion mehrheitlich unterstützte Antrag der RPK, sondern ein Kompromissvorschlag der FDP bzw. der Grünen. Damit verschieben sich Kompetenzen vom Parlament auf die Exekutive.

Das Parlament schloss sich mehrheitlich dem Antrag der FK II an, es sei nicht eine halbjährliche, sondern bloss eine jährliche Berichterstattung zur der Umwelt- und Energiestrategie vorzusehen (Art. 22 Abs. 2 Ziff. 12).

Timotheus Bruderer ergriff das Wort zur von der FK II geforderten Gesellschaftskommission (Art. 24). Er wandte sich dagegen, eine solche neue Kommission zu schaffen, ohne deren Ziele, Zweck und Kompetenzen vorgängig zu definieren. Dies gelte namentlich für eine Kommission mit einem derart breiten Aufgabenspektrum. Zudem handle es sich erst noch um eine (unterstellte) Kommission, die der Stadtrat selbst gar nicht wünsche. Das Parlament schloss sich diesen Ausführungen erfreulicherweise an und lehnte den Antrag auf Schaffung einer Gesellschaftskommission ab.

Als nächstes stand die Teilnehmerzahl der Lehrer und Schulleiter an Schulpflegesitzungen zur Debatte (Art. 33). Der Antrag des Stadtrats und der RPK, der eine relativ grosse Teilnehmerzahl vorsieht, fand im Parlament eine Mehrheit.

Zeno Schärer beantragte namens der SVP-Fraktion, der kantonale Ombudsmann sei in Wetziker Gemeindeangelegenheiten nicht für zuständig zu erklären (Art. 36). Es sei nämlich davon auszugehen, dass unsere Verwaltung genügend bürgerfreundlich sei und persönliche Kontakte immer noch ermögliche. Es stelle sich doch die Frage, weshalb die Gemeinde Wald, welche als einzige im Bezirk dieses Modell gewählt habe, wieder davon abgekommen sei, und weshalb keine einzige mit Wetzikon vergleichbare Stadt dieses Modell gewählt habe. Die bis zu rund zehntausend Franken, welche dafür jährlich investiert werden müssten, könnten anderweitig zum Erreichen von vermehrter Bürgernähe besser eingesetzt werden. Im Parlament konnte zwar niemand die offenen Fragen beantworten. Dennoch blieb die SVP mit ihrer Opposition gegen diesen unbedachten Schnellschuss leider alleine.

In der Schlussabstimmung obsiegte die neue Gemeindeordnung gegen etliche Gegenstimmen.