Philipp Zopp führte seriös und unaufgeregt durch seine erste Sitzung als neugewählter Parlamentspräsident.
Zunächst würdigte Timotheus Bruderer die Jahresrechnung 2022 namens der Fraktion. Er bedankte sich beim Stadtrat und bei der Verwaltung für die sauber geführte Rechnung. Ernüchternd sei aber, dass der Überschuss primär von äusseren Faktoren bestimmt werde. Anhand des Ressourcenausgleichs zeigte Timotheus Bruderer auf, wie Wetzikon immer finanzschwächer wird und dafür über den Finanzausgleich noch belohnt wird. Diese Abhängigkeit der sechstgrössten Zürcher Stadt von den anderen Gemeinden im Kanton sende kein gutes Signal aus. Eine gute Basis für die Zukunft sei dies nicht – geplante Investitionen hin oder her. Man könne nicht auf Kosten anderer Gemeinden leben und zugleich immer wieder Projekte teurer als geplant oder budgetiert umsetzen. Das Feuerwehrgebäude sei ein aktuelles Beispiel dafür. Immer wieder heisse es, die Ausgaben seien gesetzlich gebunden oder man spare am falschen Ort. Somit gebe es nur eine Art des Sparens, die fair, sachlich und objektiv sei – und vor allem auch wirksam: Das Geld dem Steuerzahler zurückgeben, statt es einfach auszugeben oder zu investieren. Die SVP-Fraktion erwarte vom Stadtrat mit dem nächsten Budget eine Steuerfusssenkung. Das setze auch dem überbordenden Ausgabenwachstum Grenzen.
Das Parlament genehmigte die Jahresrechnung schliesslich mit einem eindeutigen Ergebnis. Auch den Geschäftsbericht 2022 des Stadtrats nahm das Parlament ab.
Es folgte das wohl umstrittenste Geschäft des Abends, nämlich die Beratung der linken Volksinitiative «Bezahlbare Wohnungen in Wetzikon» sowie der Gegenvorschläge des Stadtrats und der RPK dazu. Roman Auer vertrat die Minderheitsposition der RPK. Er führte aus, die RPK habe es als ihre Aufgabe gesehen, eine Synthese der Initiative und des SR-Gegenvorschlags zu erarbeiten. Er habe dies zwar anders gesehen, doch habe er in der betreffenden Subkommission aktiv und produktiv mitgearbeitet. Dies sei seine Auffassung von Kommissionsarbeit. Ob die anderen Kommissionsmitglieder wohl auch so aktiv an einem Gegenvorschlag zu einer SVP-Volksinitiative zur Verdoppelung der Parkplatzzahl mitgearbeitet hätten? Die RPK-Minderheit lehne aber den kommissionseigenen Gegenvorschlag ab. Die Stadt Wetzikon habe nämlich gar nicht die nötigen Landressourcen für ein solches Vorhaben. Zudem handle es sich um reine Symptombekämpfung: Auch in Zeiten, in denen biologische Tatsachen oftmals keine Rolle spielten, brauche es immer noch zwei Personen zur Zeugung eines Kindes. Diese zwei Personen hätten heute aber im Durchschnitt nur noch 1.4 Kinder. Eigentlich müsste es folglich genügend Wohnungen haben – aber offensichtlich liege das Problem anderswo.
Zeno Schärer erläuterte, warum die SVP-Fraktion sowohl die Initiative als auch den RPK-Gegenvorschlag ablehnt. Weder die Problemanalyse noch die Lösungen der Linken und der RPK seien tauglich. Fakt sei, dass Wetzikon im Kantonsvergleich tiefe bis mittlere Mietzinsen und eine tendenziell höhere Leerstandsquote als andere grössere Gemeinden im Bezirk habe. Die Situation sei angespannt, aber der Markt spiele in Wetzikon grundsätzlich. Die Wohnungsmieten seien vor allem wegen der ungebremsten Massenzuwanderung und der damit zusammenhängenden Arbeitsverweigerung von Bundesbern derart hoch. Das lasse sich von Wetzikon aus nicht beeinflussen. Beeinflussen könne man die Mietzinsen aber, indem man auf unnötige Regulierungen verzichte, wie sie auch in Wetzikon ständig gefordert würden. Das verteuere das Bauen und die Instandhaltung des Eigentums. Die Eigentümer überwälzten diese Kosten dann auf die Mieter. Es brauche endlich eine seriöse Regulierungsfolgenabschätzung für alle hängigen und zu erwartenden kommunalen Vorlagen. Das könnte ein Baustein für eine echte Lösung sein. Insbesondere der Gegenvorschlag der RPK gehe in die entgegengesetzte Richtung, indem er dirigistisch in den Markt eingreife und mit den geforderten Rechenschaftsberichten ein neues kleines Bürokratiemonster schaffe. Die Linke habe in Wetzikon für das teils selbst verursachte Problem eine Lösung aus dem Hut gezaubert. Zwar sei der gemeinnützige Wohnungsbau grundsätzlich eine gute Sache. Werde dies aber zu sehr gefördert, entstehe ein zweigeteilter Wohnungsmarkt, nämlich einerseits günstige Genossenschaftswohnungen und andererseits teure Wohnungen auf dem freien Markt. Zwinge man einen gewinnorientierten Anbieter von Wohnungen dazu, einige Wohnungen sogenannt «preisgünstig» anzubieten, verteuerten sich logischerweise alle anderen Wohnungen dieses Anbieters. Der Nutzen von wenigen sei der Schaden von vielen. Dazu komme noch der unausgewogene Mietermix der Genossenschaften mit einer Übervertretung des oberen Mittelstandes. Letztlich hänge es von einer Zuteilungslotterie mit diffusen Kriterien ab, ob man in den privilegierten Wohnungsmarkt hineinkomme. Theoretisch gebe es Belegungsvorschriften, praktisch sehe es an manchen Orten aber anders aus. Ein weiterer Aspekt sei, dass manche institutionellen Anleger wie Pensionskassen, Immobilienfonds oder Versicherer ebenfalls preisgünstig vermieten. Die klassenkämpferische Parole vom «Profit der bösen Kapitalisten» blende aus, dass wir alle zusammen, beispielsweise über unsere Pensionskassen, an diesem «Profit» beteiligt sind. In diesem Sinne seien auch Renditebauten durchaus gemeinnützig. Es seien genau die Kreise um die Initianten der Volksinitiative, welche den Pensionskassen seit Jahren einen unrealistisch hohen Umwandlungssatz aufzwingen. Gleichzeitig wollten sie jetzt das Geschäft von solchen institutionellen Anlegern in Wetzikon erschweren. Das sei widersprüchlich und werde rechnerisch am Ende nicht aufgehen. Leider sei es heute politisch attraktiv, eine extreme Maximalforderung zu formulieren. Weil auch der Stadtrat und die RPK wüssten, dass das Problem der Bevölkerung unter den Nägeln brenne, hätten sie ängstlich versucht, einen weniger extremen (aber im Fall der RPK fast gleich extremen) Gegenvorschlag zu formulieren. Den zwar auch nicht idealen Gegenvorschlag des Stadtrats ziehe die SVP-Fraktion daher den anderen Varianten vor. Für Experimente wie die Volksinitiative und den RPK-Gegenvorschlag stehe die SVP-Fraktion nicht zur Verfügung.
In der Ausmehrung setzte sich der Gegenvorschlag der RPK klar gegen jenen des Stadtrats durch. Nur die SVP lehnte den dirigistischen RPK-Gegenvorschlag ab. Das lässt tief blicken und zeigt die wahren politischen Verhältnisse in Wetzikon klar auf. Immerhin wurde in der Schlussabstimmung die Volksinitiative mit 20 zu 13 Stimmen zur Ablehnung empfohlen.
Zum Baukredit für den Neubau des Feuerwehrgebäudes äusserte sich Rolf Müri namens der Fraktion. Er führte aus, man könne zur Feuerwehr nicht Nein sagen, und dennoch würden für diese Vorlage dieselben Massstäbe wie für andere Projekte gelten. Er erläuterte die schwindelerregende Kostenentwicklung nach oben, von 5.5 Millionen im Finanz- und Aufgabenplan 2013-2017 bis zum aktuellen Kreditantrag von fast 25 Millionen Franken. Das stimme bei einem solchen Projekt nachdenklich und werfe die Frage auf, ob es schlussendlich nicht noch teurer werde. Es bestünden ungute Parallelen zum Friedhof-Projekt. Man leiste sich Bauten für viel Geld, dies aber wohlgemerkt als Nehmer-Gemeinde, welche vom Finanzausgleich profitiere. Es brauche mehr Bescheidenheit, doch müsse man dies auch wollen. Die Gemeinde Zumikon habe gerade einmal für die Hälfte dieses Betrags ein neues Feuerwehrgebäude (zwar ohne Räumlichkeiten für die Polizei) ausgegeben. Zudem sei es schade, dass es das Anliegen der Kommission, auch nach dem Umzug ins neue Gebäude weiterhin eine Polizei-Anlaufstelle in der Innenstadt beizubehalten, nur auf eine unverbindliche interne Pendenzenliste geschafft habe. Der Stadtrat «prüfe» dieses Anliegen offenbar bloss.
Die weitverbreitete Skepsis innerhalb der SVP-Fraktion führte dazu, dass sich einige Parlamentarier in der Abstimmung der Stimme enthielten. Dies ist, wie Rolf Müri ausgeführt hat, keineswegs gegen die Feuerwehr gerichtet, sondern gegen die mangelhafte Kostenkontrolle seitens der Stadt.