Zuerst wurde die Dringliche Interpellation «Es werde Licht!» beantwortet. Der Erstunterzeichner Rolf Müri bedankte sich für die rasche Reaktion des Stadtrats auf den Vorstoss. Es sei technisch möglich, die Fussgängerstreifen und die wichtigen Strassenkreuzungen wie bisher mit einem Ganznacht-Regime zu beleuchten. Dies solle nun aber umgesetzt werden, denn mit geringem Aufwand lasse sich so ein grosses Sicherheitsplus erzielen. Zwar sei es positiv, dass die Lichter erst um Mitternacht statt bereits um 23.00 Uhr erlöschen, aber es gebe keine stichhaltige Begründung, die Strassenbeleuchtung am Morgen neu eine halbe Stunde später einzuschalten. Es gebe Leute, die morgens um 5.00 Uhr aufstehen müssen und dann im Dunkeln auf dem Weg zum Bus über liegengebliebene E-Trottinetts stolpern. Eine Einsparung aufgrund des Lichterlöschens von mickrigen Fr. 30.– pro Tag zeige auf, dass der Stadtrat hier klassische Symbolpolitik betreibe. Das sei unnötig, denn inzwischen habe wohl jeder die Kernbotschaft «Energie ist knapp, verschwenden wir sie nicht» verstanden.

Dann schritt das Parlament zur Beratung des Budgets 2023. In der allgemeinen Würdigung des Budgets bedankte sich Timotheus Bruderer für die gute Arbeit der Verwaltung und die professionelle Zusammenarbeit mit den Kommissionen. Der prognostizierte Budgetüberschuss sei aber nicht nachhaltig, denn Wetzikon habe ihn vor allem dem innerkantonalen Finanzausgleich zu verdanken. Wetzikon sei im kantonalen Vergleich eher «schwach auf der Brust» und werde immer schwächer, selbst wenn man den Bevölkerungszuwachs berücksichtige. Die Steuerkraft pro Einwohner sinke stets. Vor diesem Hintergrund seien gewisse Entscheide des Stadtrats, die sich im Budget 2023 abzeichnen, nicht nachzuvollziehen. Zum einen würden diverse teils unnötige Verwaltungsstellen geschaffen (Beispiel: ein «Neophyten-Ranger»), was nicht zum Ansatz eines «schlanken Staates» passe. Zum anderen sei das Budget vollgepackt mit Studien und Projekten. Offenbar wolle man die schwache Steuerkraft dazu nutzen, um noch mehr vom Finanzausgleich zu profitieren. Zum Beispiel in der Kultur- und Energiepolitik scheine man möglichst viel Geld ausgeben zu wollen, um wiederum mehr Geld aus kantonalen Subventionstöpfen beziehen zu können. Das sei aber Augenwischerei, denn sowohl die kommunalen als auch die kantonalen Kostenanteile begleiche der Steuerzahler. Umgekehrt wehrten sich aber der Stadtrat und das Parlament mit Händen und Füssen, wenn es darum gehe, dem Steuerzahler mittels einer Steuersenkung Geld zurückzugeben. Aber weshalb sollte es schwieriger sein, die Einnahmen zu senken als die Ausgaben zu erhöhen? Der Unterschied liege eben darin, dass es bei geringeren Einnahmen mehr Kreativität brauche, anstatt einfach beim Kanton und beim Steuerzahler die hohle Hand zu machen. Die SVP-Fraktion habe weitgehend auf Kürzungsanträge zum Budget verzichtet, weil die Erfahrungen der letzten Jahre zeigten, dass diese politisch im Parlament keine Chance hätten. Der Stadtrat müsse sich aber ernsthaft Gedanken machen, wie er die Steuerkraft der Wetziker Bürger erhöhen und Wetzikon wieder zu einem finanziell attraktiveren Ort machen könne.

Rolf Müri erläuterte sodann den Antrag der SVP-Fraktion, dem städtischen Personal einen Teuerungsausgleich von lediglich 2% statt 3.5% zu gewähren. Die Stadt Wetzikon orientiere sich am Vorschlag des Zürcher Regierungsrats, welcher im interkantonalen Vergleich einen Spitzenwert darstelle. Dies bedeute fast zwei Millionen Franken Mehrausgaben für Wetzikon. Die Finanzkommission des Kantonsrats habe demgegenüber neulich einen Teuerungsausgleich von 2.2% vorgeschlagen. Die SVP-Fraktion sei nicht grundsätzlich gegen eine Lohnerhöhung für die Staatsangetellten, doch müsse diese fair und angemessen sein. Anhand einer Aufstellung der UBS zur Entwicklung der Nominallöhne zeigte Rolf Müri auf, dass in der Privatwirtschaft tiefere, teils gar deutlich tiefere Lohnerhöhungen vorgesehen seien. Übermässige Lohnerhöhungen seien nicht nachhaltig und verpufften rasch. Ebenso verpufften leider die Sparbemühungen der SVP-Fraktion, denn das Parlament entschied sich dafür, den Teuerungsausgleich in derselben Höhe wie der Kanton Zürich festzusetzen. Wer die Mehrheitsverhältnisse im Kantonsrat kennt, kann sich ausmalen, was das bedeutet.

Während der Covid-Pandemie wurde ein Livestream der Parlamentssitzungen eingerichtet. Das Angebot wurde von der Bevölkerung kaum genutzt. Auch an der heutigen Parlamentssitzung, bei der es immerhin um das städtische Jahresbudget ging, nahm nur eine einzige Person (und erst noch eine Verwaltungsmitarbeiterin) teil. Dennoch wurde seitens der linken Ratsseite beantragt, einen dauerhaften Livestream einzurichten. Da die Sitzungen aber wieder im Parlamentssaal stattfinden, sind sie fürs Publikum zugänglich. Wer die Sitzung verpasst hat, kann bereits heute die Voten im Audioprotokoll der Sitzung abrufen. Zudem sind die wiederkehrenden Kosten eines Livestreams nicht zu unterschätzen. Der Antrag wurde knapp abgelehnt. Der Umstand, dass solche Geldverschwendungsanträge bis in die politische Mitte hinein Zustimmung finden, zeigt auf, wie in diesem Parlament mit Steuergeldern umgegangen wird. Schliesslich bewies die FDP-Stadträtin noch einen eklatanten Mangel an Respekt vor der Volksvertretung, indem sie müde lächelnd meinte, das Parlament könne den Livestream aus dem Budget streichen, doch der Stadtrat werde dies in eigener Budgetkompetenz dennoch umsetzen. Damit wurde ein neuer Tiefpunkt der parlamentarischen Kultur erreicht.

Auf die überrissenen Anträge von ganz links, die bereits grosszügig dotierte Kulturförderung zusätzlich aufzustocken, fand Bruno Bertschinger, welche sich mit diesem Thema in der Fachkommission II seit Jahren beschäftigt, eine deutliche Antwort: Trotz des bereits erhöhten Budgets habe er erreicht, dass die SVP-Fraktion dazu keinen Kürzungsantrag stelle. Das Kulturbudget orientiere sich am Kulturleitbild, weshalb es weniger Geld für Einzelgesuche und für den freien Kredit gebe. Man solle die Verwaltung mit dem Kulturbudget, welches sie selbst für gut befunden habe, arbeiten lassen. Diese Haltung setzte sich schliesslich auch im Parlament durch, wenn auch eher knapp.

Es folgte ein gehaltvolles Votum von Timotheus Bruderer zu den Kürzungsanträgen der SVP betreffend die Inklusion an den Schulen. Man müsse sich zuerst vergewissern, dass die Integration die gewünschten Ergebnisse erziele, bevor mit dem Ansatz der Inklusion noch viel weiter gehe. Timotheus Bruderer erläuterte anhand der Geschehnisse in den Kantonen Basel-Stadt, Bern und Zürich, wie man sich dort zunehmend auf bewährte Schulformen zurückbesinnt. Die Praxis zeige auf, dass die Inklusion in der Praxis überholt sei, denn die Integration an den Schulen funktioniere nicht so, wie sich das die Bildungspolitik und die Theoretiker ausgedacht hätten. Es sei schwer zu verstehen, dass die Schulpflege unbeirrt und blindlings weiterhin diesem Ziel folge und sich der Realität verweigere. Man habe in Wetzikon die Wahl, aus den Fehlern anderer zu lernen oder es «auf die harte Tour» selbst zu erfahren, nachdem die Inklusion die Spannungen und Probleme an den Schulen nochmals um ein Vielfaches verschärft haben werde. Die Budgetbeträge in Zusammenhang mit der Inklusion seien zu streichen, um der Schulpflege und dem Stadtrat zu signalisieren, dass mit dem Inklusions-Gedanken noch zugewartet werden soll, solange der Erfolg der Integration in der Praxis nicht ausgewiesen ist. Die Erfahrungen mit der Abschaffung der Sek C zeigten auf, dass die Inklusion auch bei Misserfolgen nicht rückgängig gemacht werde. Man könne nicht das frühere Schulsystem schlechtreden, denn es sei eines der besten gewesen, bevor man mit der unseligen Reformwelle begonnen habe. Die ständigen Reformen stärkten die Lehrer in keiner Weise. Das Parlament mochte den Kürzungsanträgen der SVP nicht folgen. Es übernimmt damit eine politische Mitverantwortung für dieses neuerliche Schulexperiment.

Was die Überführung des Ferienhauses Canetg vom Verwaltungs- ins Finanzvermögen betrifft, war die Motivation dieses Vorhabens vom Stadtrat im Vorfeld zu wenig erklärt worden. Die SVP schloss sich darum dem ablehnenden Antrag der Grünen an und gehörte damit für einmal zur obsiegenden Mehrheit.

Zu später Stunde erläuterte Zeno Schärer die Gründe, welche für eine Steuerfuss-Senkung um zwei Prozentpunkte sprechen. Die Antwort des Stadtrats auf die SVP-Interpellation «Auswirkungen der beiden kantonalen Abstimmungen vom 27. September 2020 auf Wetzikon» habe aufgezeigt, dass wegen Änderungen im Strassengesetz und im Zusatzleistungsgesetz jährliche Mehreinnahmen von rund fünf Millionen für Wetzikon anfallen, die auf Jahre hinaus höchstens teilweise durch Mehrausgaben kompensiert werden. Im damaligen Abstimmungskampf sei von den obsiegenden Befürwortern versprochen worden, dass dieses Geld wieder zu den Menschen zurückfliesse. Im Widerspruch dazu leite die Stadt Wetzikon die Mehreinnahmen vom Kanton nicht an den Wetziker Steuerzahler weiter. Stattdessen würden damit allerlei neue Begehrlichkeiten finanziert, wie das aktuelle Budget erneut beweise. Deshalb beantrage die SVP-Fraktion dieselbe Steuerfusssenkung wie vor einem Jahr, denn die Begründung stimme noch ebenso sehr wie vor einem Jahr, und zusätzlich hätten sich die Rahmenbedingungen deutlich verändert. Viele Menschen seien nämlich im Gefolge der Corona-Massnahmen und des Kriegs in der Ukraine mit steigenden Kosten konfrontiert. Es sei also umso mehr an der Zeit, dem Mittelstand mit einer Steuersenkung etwas zurückzugeben. Die damit verbundene lokale Kaufkraftsteigerung komme auch dem lokalen Gewerbe und damit letztlich wieder der Stadtkasse zugute. Wer keine Steuern zahle – und das seien viele – könne steuerlich nicht entlastet weden. Durchschnittsbetrachtungen, wie sie die Linken gerne anstellen, um eine angeblich geringe Entlastungswirkung von Steuersenkungen zu belegen, seien wegen der Steuerprogression unzulässig: Sehr wenige Einwohner zahlten sehr hohe Steuerbeträge. Die Steuerprogression sei durchaus sinnvoll, denn Reiche sollten mehr zur Erfüllung der Gemeindeaufgaben beitragen. Man wünsche sich aber mehr Respekt für jene Reichen, die in der Hochsteuergemeinde Wetzikon bleiben, hier Steuern zahlen und sich auch von der mühsamen Klassenkampf-Rhetorik der Linken nicht vertreiben lassen. Sodann sei nicht zu verkennen, dass die Wetziker Steuerlast im regionalen Quervergleich sehr hoch sei. Viele umliegende Gemeinden senkten aktuell den Steuerfuss. Diesem Steuerwettbewerb müsse sich Wetzikon stellen, wenn gute Steuerzahler gehalten und neue gute Steuerzahler angezogen werden sollen. Timotheus Bruderer habe vorher eindrücklich aufgezeigt, wie Wetzikon bei der Steuerkraft immer mehr zurückfalle. Der Steuerfaktor sei zwar nur ein Standortfaktor, aber ein nicht ganz unwichtiger. Da müsse endlich Gegensteuer gegeben werden. Dazu komme, dass die Rechnungsabschlüsse in den vergangenen Jahren eigentlich immer in Millionenhöhe besser als das Budget gewesen seien. Der Finanz- und Aufgabenplan zeige zwar auf, dass mittelfristig grössere finanzpolitische Herausforderungen auf Wetzikon zukommen. Darum beantrage die SVP-Fraktion nur eine massvolle Steuersenkung. Das dürfte Wetzikon (unter Einrechnung der tieferen Finanzausgleichszahlungen) nur einen tiefen Millionenbetrag kosten. Angesichts der Millionenbeiträge, die wir heute etwa wegen des Teuerungsausgleichs zusätzlich ausgegeben hätten, könne einem niemand weismachen, Wetzikon könne sich das nicht leisten. Man könne immer irgendeinen Grund finden, um eine Steuersenkung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben und stattdessen über zugewandten Interessengruppen das staatliche Füllhorn auszuschütten. Das diene aber weder der breiten Bevölkerung noch der Attraktivität von Wetzikon. In der folgenden Abstimmung blieb die SVP-Fraktion aber völlig allein, wie üblich, wenn es darum geht, die Bürger zu entlasten. Ein FDP-Parlamentarier, der momentan mit dem Slogan «Weniger Steuern!» für den Kantonsrat antritt, erklärte gewunden, weshalb es gerade jetzt der falsche Zeitpunkt für eine Steuersenkung in Wetzikon sei. Ein vollmundiges Wahlversprechen, welches nicht einmal bis zum Wahltag überdauert: Das werden die Wähler hoffentlich bei den anstehenden Kantonsratswahlen zu würdigen wissen.